Sekundäres

Liebe Schnelleserinnen und Streberinnen, wer mit dem Gedanken spielt, die aktuelle Pflichtlektüre ein drittes Mal zu lesen, kann sich dieses 800-seitige Sachbuch als eine löbliche Alternative zu Gemüte führen – bis zu unserem Treffen ein wahres Querlesathon. Nieder mit dem oberflächlichen Wikispicken – ab in das fundierte Sekundäres.

Elias Canetti
SVEN HANUSCHEK

It was a dark and stormy night.

Es ist allgemein bekannt, dass ein Buch nach dessen Umschlag beurteilt wird. Er ist es, der den zukünftigen Leser zum Kauf verlocken will. Doch wenn man das Vakat, die Widmung und den Schmutztitel überwunden hat und  – das Buch bereits  in den Händen – durch das buchbinderische Dickicht zum Inneren durchgedrungen ist, in der Intimität des ersten Satzes erst, wird man des Buches Wesen gewahr.

Es gibt legendäre Anfänge, die sich im Gedächtnis einnisten, ohne dass man jemals die dazugehörige Lektüre begegnet ist (oder sie gelesen haben zu wollen). „riverrun, past Eve and Adam’s, from swerve of shore to bend of bay, brings us by a commodius vicus of recirculation back to Howth Castle and Environs.“ ist ein solcher.

Mit dem Spiel wollten wir aber herausfinden, wie haftfähig die ersten Sätzen der bereits von uns genossenen Lektüren sind oder  – was übrig bleibt, nach dem die Bücher ins Regal gestellt, vom Kindle gelöscht, ins Treppenhaus gelegt, an Buchbörsen umgetauscht sind. Aber auch: Wie aussagekräftig sind sie? Erkennen wir sie wieder?

Bei unserem vorweihnachtlichen Treffen wurden 34 Anfangssätze auf den Prüfstand gestellt – mit überraschenden Ergebnissen. Beim Grölen und Grübeln, der Geruch vom Korken in der Nase, erfuhren wir einiges über das Ge- und Überlesene.

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Romantisches und Fantastisches

Als Liebesromanautor würde kein halbwegs belesener Rezensent Jules Verne bezeichnen. Doch je weiter man die Empfehlung der SZ Weihnachtsliteraturbeilage liest, desto mehr verfliegt der Schreck, denn die „Liebe“ im Vernes „einzigen Liebesroman“ gilt, wie bereits in seinen früheren und weitaus bekannteren Werken, dem Meer. Um seiner maritimen Leidenschaft einen Rahmen zu geben, handelt Der Grüne Blitz vom Abenteuer der Liebe – vor der sagenhaften Kulisse der schottischen Westküste wird nach den perfekten Wetterverhältnissen gejagt.

Bemerkenswert ist, dass sowohl in der knappen Reklame des Buches in der SZ, als auch in dessen Bewerbung auf der Verlagsseite die traumhafte Verfilmung dieses Werks Vernes Erwähnung findet. Der Film ist in der Tat ein Kleinod voller Poesie und Zauber.

Eric Rohmer
Das grüne Leuchten

Kupferstich aus der Originalausgabe. Die Mare Verlag-Ausgabe glänzt mit zahlreichen solchen, einem Schuber und Leinenband mit Lesebändchen.

Sinnsuchende

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Herr Scobel meint, dass die Fragen, die nicht mit Wikipedia oder Googlesuche beantwortet werden können, und dennoch eine Auflösung verlangen, durch philosophieren zumindest reflektiert werden müssen.

Sollten einem die Fragen ausgehen, bietet Frau Frey mit ihrem SinnfragenKombinator 3969 Denkanstöße – für stockende Konversationen oder Philosophierblockaden.

Mit Sicherheit wird an einem App getüftelt, wenn Frau Frey ihre Zeitgenossen ansprechen möchte.

Erster Podcast auf „Radio Passenger“

Noch ist es ein Geheimtipp, doch in kürze wird der Podcast-Sender auf allen IPhones und etwaigen Multimediageräten gehört, gespielt und diskutiert.

Der Frankfurter Buchmesse im Oktober folgt München mit einer 18-tägigen Vorles- und Debattier-Extravaganza, dem Literaturfest im November. Zur Veredelung des Kulturprogramms der Landeshauptstadt wählte daher der Hipster-Sender für seine Jungfernsendung die Damsel der ersten Stunde – Damselá – als Interviewpartnerin und Vorleserin aus. Dieser Jahreszeit entsprechend liesst Damselá aus Ali Shaws Märchen Das Mädchen mit den gläsernen Füßen, ein „modernes Märchen“ – so Damselá – worin ein Fabelwesen mit einem Blick alles in weiß und ein wundersamer Infekt den menschlichen Körper in Glas verwandelt. Ein malerischer Vorgeschmack auf die nahenden Wintermonate.

Viel Spaß beim hören.

„Lesegenuss unter freiem Himmel…“

StadtLesen startete 2009 und tourt inzwischen durch Deutschland und die Schweiz.
Die Idee ist großartig. Leider stolperte ich über die Tour in München an einem grauen, feucht-nassen Nachmittag am Odeonsplatz. Die Informationsdamsel bedauerte die unwirtliche Wetterverhältnisse und bangte um den Erfolg des eintätigen Leseevents. Doch die Münchner sind hart in nehmen (die Touristen sowieso): sie saßen, lagen und lümmelten in/auf den Fatboys und ließen sich vom Nieselregen nicht stören.